Spiel: Eintausend Jahre unter der Sonne
Ein Spiel von Matthijs Holter über Aufstieg und Fall von Stämmen, Zivilisationen, Kreaturen und Phänomenen auf der weiten Steppe eines imaginären Landstrichs.
1.535 Wörter, ungefähre Lesedauer 8 Min.
Inhalt
Copyright © 2011 by Matthijs Holter. All rights reserved.
Der folgende Artikel zum Spiel, Übersetzung des Spiels und Layout der deutschen Fassung: Tina Trillitzsch. (Vollständiges Impressum im PDF des Spiels.)
Übersicht & Tipps
Eintausend Jahre unter der Sonne ist unsere deutsche Fassung von (A Thousand Years under the Sun) von Matthijs Holter. Es ist ein spielleitungsloses Erzählspiel, bei dem man gemeinsam eine Zivilisation aufbaut und dann sterben lässt. Im Spielverlauf entsteht eine gezeichnete Landkarte, die das Geschehen dokumentiert. Wer Ein ruhiges Jahr und Microscope kennt – es erinnert an eine Art Mischung aus beidem.
Einleitung von Matthijs Holter
Dies ist ein Spiel – oder auch ein Sandkasten – über Aufstieg und Fall von Stämmen, Zivilisationen, Kreaturen und Phänomenen auf der weiten Steppe eines imaginären Landstrichs. Man kann Eintausend Jahre unter der Sonne problemlos an einem Abend spielen, womöglich sogar mehrmals.
Geht davon aus, dass das Spiel am Anfang langsamer vorangeht. Die Spielwelt wird vor euren Augen und in euren Händen wachsen. Im Laufe der Zeit entstehen häufig Wechselwirkungen und Verbindungen – ganz organisch, weil sie spannend sind.
Was man braucht
- 2–6 Spieler*innen (am besten sind mindestens 4),
- Bleistifte für alle,
- Radiergummi und
- ein großes Blatt Papier.
Das Spiel verläuft über 10 Runden, bei denen reihum alle etwas beitragen, was im Spiel insgesamt 1.000 Jahren entspricht. Die Spieldauer hängt also davon ab, wie viele ihr seid. Zu viert würde ich von ca. zwei Stunden ausgehen.
Tipps
Ich habe aus Rezensionen, Spielberichten und eigener Erfahrung ein paar Tipps zum Spiel zusammengestellt.
1. Rahmen setzen:
Es kann sinnvoll sein, vorher als Gruppe die Spielstimmung, das Genre sowie erwünschte und unerwünschte Elemente festzulegen. Für Letzteres kann man zum Beispiel eine Palette wie bei Microscope anlegen: einfach zwei Spalten auf einen Zettel mit Ja und Nein beschriften und zweimal um den Tisch gehen lassen – jede Person schreibt pro Runde ein Element in eine der Spalten, dass sie im Spiel gern sehen oder nicht sehen möchte. Zum Beispiel Ja: „mehrere Planeten umspannende Weltraumkultur“, Nein: „Prinzessinnenfressende Drachen“.
2. Malprobleme:
Man hält im Spiel den aktuellen Entwicklungsstand eines Elements fest, indem man Wachstumsbögen zeichnet. Oben an der Spitze soll ein Stern den Zenit darstellen. Es hat sich gezeigt, dass dieser Stern gar nicht so einfach zu zeichnen ist! Alternativ schlage ich ein anderes Symbol vor. Mein Favorit ist ein Tropfen - der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt! Wer gar keine Bögen selber malen kann oder will, kann sich auch die letzte Seite des Spiele-PDFs ausdrucken – dort habe ich ein Stickerset vorbereitet, das die passende Anzahl von Bögen zum Ausschneiden und Aufkleben auf die Karte enthält.
3. Spielerzahl:
Aus Spielberichten zeichnet sich ab, dass man am besten mindestens zu viert spielen sollte. Im Anhang des Spiels wird eine Variante für „weniger Spieler“ angeboten, ohne Hinweis, wie viele „wenig“ sind. In der Praxis scheinen das „weniger als 4“ zu sein. In dem Fall, also zu zweit oder dritt, darf man öfter etwas zu einem Bogen beitragen. Eine weitere häufige, nicht erwähnte Änderung bei weniger Spieler*innen ist es, mehr Runden zu spielen, damit das Spiel nicht zu kurz wird. Entweder, indem man bis zum Jahr 1.500 oder 2.000 spielt (statt 1.000), oder indem man für jede Runde nur 50 statt 100 Jahre vergehen lässt.
Das Spiel
Link zum Download als PDF
Ihr könnt euch hier das Spiel als gelayoutetes PDF herunterladen. Im Anhang der Datei befindet sich noch ein praktisches Stickerblatt mit Wachstumsbögen zum Ausschneiden und Aufkleben.
Zum Kennenlernen des Spiels und flexiblen Lesen unterwegs folgt der Haupttext des Spiels aber auch direkt hier im Zine als Text.
Das Spiel im Volltext zum Onlinelesen (ohne Stickerblatt)
Hier liegt die Steppe; weit und fruchtbar. An einigen Stellen wohnen Menschen, nicht in großer Zahl, nicht in großen Gebäuden. Noch nicht.
Es gibt Landschaftselemente; Berg, Fluss, Wald. Es gibt Unentdecktes über und unter der Erde.
Die Zeit vergeht.
Anfang
Ein großes leeres Blatt Papier. Zeichnet ein klein wenig darauf – Grashalme, Steine, kleine Strichmännchen. Die Steppe ist zunächst beinahe leer. Dann beginnt das Spiel.
Wachstumsbögen
Alles was wachsen, seinen Zenit erreichen und sterben kann, hat einen Wachstumsbogen. Manche sind klein, für Dinge, die wahrscheinlich nach ein oder zwei Jahrhunderten wieder verschwinden. Andere sind groß, für Dinge, die es selbst nach tausend Jahren noch gibt.
So sieht ein mittelgroßer Wachstumsbogen aus:
Dieser Wachstumsbogen hat jeweils drei Kästchen vor und nach dem Stern an der Spitze. Die ersten drei Kästchen kennzeichnen Wachstum, die letzten Niedergang. Der Stern an der Spitze markiert den Zeitpunkt, an dem dieses Element seinen Höhepunkt erreicht hat; eine Blütezeit, in der alles am größten, besten, schönsten und mächtigsten ist.
Während ihr die Geschichte der Steppen erzählt, füllt ihr die Kästchen des Wachstumsbogens mit euren Anfangsbuchstaben aus. Du solltest auf jeder Seite nicht mehr als einmal deinen Anfangsbuchstaben eintragen – mit anderen Worten: Sobald du einmal zum Wachstum von etwas beigetragen hast, musst du abwarten, bis die anderen das ebenfalls getan haben, bevor du an diesem Bogen weitermachen kannst.
Verfügbare Bögen
Zu Beginn des Spiels stehen folgende Bögen zur Verfügung:
- Ein Kästchen auf jeder Seite: 2x
- Zwei Kästchen auf jeder Seite: 1x
- Fünf Kästchen auf jeder Seite: 1x
Sobald einer dieser Bögen ausgefüllt – das Element also gestorben ist – werden die folgenden zusätzlichen Bögen verfügbar:
- Zwei Kästchen auf jeder Seite: 2x
- Drei Kästchen auf jeder Seite: 2x
- Vier Kästchen auf jeder Seite: 1x
- Fünf Kästchen auf jeder Seite: 1x
Dein Zug
Wenn du an der Reihe bist, darfst du:
- den Keim für etwas Neues säen,
- etwas wachsen sehen,
- etwas auf seinem Zenit sehen oder
- etwas sterben sehen.
Pro Runde, also in der Zeit, in der alle reihum einmal ihren Zug machen, vergehen einhundert Jahre. Jedes Mal, wenn ihr eine neue Runde beginnt, könnt ihr ein neues Jahrhundert auf das Blatt scheiben – „0“, „100“, „200“.
Das Spiel ist zu Ende, wenn ihr das Jahr 1.000 durchgespielt habt oder es kein Leben mehr in der Steppe gibt.
Einen Keim aussäen
- Zeichne etwas auf die Karte, etwas Kleines. Das ist der Keim für etwas Großes. Vielleicht ein Goldvorkommen. Vielleicht ein Volk. Vielleicht ein Dorf. Vielleicht Unbekannte von anderswo. Nicht viel und nicht groß soll es sein.
- Zeichne einen Wachstumsbogen daneben. Such dir einen der verfügbaren aus.
- Schreibe deinen Anfangsbuchstaben in das erste Kästchen.
Etwas wachsen sehen
- Such dir etwas auf der Karte aus. Irgendetwas, das noch Platz in den ersten Kästchen des Bogens frei hat und auf das du noch nicht deinen Anfangsbuchstaben gesetzt hast.
- Füge ein kleines bisschen zur Zeichnung hinzu. Beschreibe das Wachstum. Lass dir Zeit, erkläre, was vor sich geht.
- Erzähle uns von einer Person, die in diesen Zeiten des Wachstums lebt. Vielleicht erlebt sie ihn, verursacht ihn oder will ihn sogar aufhalten.
- Schreibe deinen Anfangsbuchstaben in das nächste freie Kästchen auf dem Wachstumsbogen.
Etwas seinen Zenit erreichen sehen
- Such dir etwas auf der Karte aus, dessen Wachstumskästchen alle ausgefüllt sind und das noch nicht angefangen hat, zu sterben.
- Zeichne etwas drauf. Beschreibe, wie es seinen höchsten Wachstumspunkt erreicht.
- Schreibe deinen Anfangsbuchstaben in den Stern an der Spitze.
Etwas sterben sehen
- Such dir irgendetwas auf dem Blatt aus, dem du noch nicht beim Sterben geholfen hast.
- Du kannst sogar etwas nehmen, das noch gar nicht fertiggewachsen ist! Dann schwärzt du die noch nicht ausgefüllten Wachstumskästchen links sowie den Zenit. Schraffiere auch auf der rechten Seite so viele Kästchen, dass jede Bogenseite gleich viele ungeschwärzte Kästchen hat.
- Jetzt ändere die Zeichnung. Radiere aus, streiche weg, zeichne Verfall oder Rückeroberung durch die Natur. Erkläre und beschreibe.
- Erzähle uns von einer Person, die diese Geschehnisse erlebt. Schreibe deinen Anfangsbuchstaben in das nächste freie Kästchen auf der rechten Seite des Bogens.
Alles hat einmal ein Ende
Das Spiel könnte bis in alle Ewigkeit so weitergehen, tut es jedoch nicht. Früher oder später überlassen wir das Steppenvolk sich selbst und folgen ihm nicht weiter.
Wenn alle Bögen aufgebraucht sind, könnt ihr keine Keime mehr aussäen. Ab jetzt gibt es nur noch Wachstum – und Sterben.
Die Runde, die mit dem Jahr 1.000 beginnt, ist die letzte.
Anhang
Weniger Spieler
Wenn ihr nur Wenige seid, verwendet die folgende Zusatzregel: Ihr dürft auch dann zu einem Wachstumsbogen beitragen, wenn ihr es schon einmal getan habt, solange alle anderen Mitspieler bereits beigetragen haben.
Diaspora
Manchmal macht sich ein Teil eines Stamms auf die Suche nach Neuland und gründet einen neuen Stamm. Für den neuen Stamm könnt ihr einen Wachstumsbogen anlegen.
Tempo
Wie viel passiert in einer einzelnen Runde? Das kommt auf die Spieler an, aber es macht nichts, wenn unterschiedliche Zivilisationen in unterschiedlichem Tempo wachsen. Eventuell entdeckt in einer Runde jemand das Feuer, während andere sich in der gleichen Zeit Flügel gebaut und den Großteil der Karte besiedelt haben.
Eintausend Jahre unter der Sonne (A thousand years under the Sun): Copyright © 2011 by Matthijs Holter. All rights reserved.
Bildnachweis & Mitwirkende
Coverbild: An die Sprache angepasstes Originaltitelbild des Spiels. Bogengrafiken, auch auf dem Stickerblatt: Tina Trillitzsch, angelehnt an die Originale in der englischen Ausgabe. Zeichnungen: Ole Peder Giæver, Anders Nygaard, Matthijs Holter. Lektorat & Korrektorat: Thorsten Panknin.