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Spiel: Grie Soß (Poutine)

Poutine ist ein Slice-of-Life-Spiel von Adam Robichaud über kanadische Kleinstadtbewohner, die sich in einer Kneipe treffen. Aaron Böhler hat es eingedeutscht, nach Südhessen versetzt und seine Version treffend Grie Soß benannt.

5.590 Wörter, ungefähre Lesedauer 27 Min.

Inhalt

Titelbild für Grie Soß mit dem Zeichnung einer altmodischen Taverne im Fachwerkbau und einem Ladenschild mit Apfelweinkrug

Copyright © 2015-2019 Adam Robichaud. All rights reserved.
Die folgende Einleitung, deutsche Übersetzung und Anpassung des Spiels: Aaron Böhler. Redaktion, Lektorat und Layout der deutschen Fassung: Tina Trillitzsch. (Vollständiges Impressum im PDF des Spiels.)

↓ Spiel separat als PDF

Grie Soß. Ein Spiel um Liebe, Kummer und echt lecker Grie Soß.

Grie Soß ist eine Übersetzung von Poutine, einem spielleitungslosen Spiel um ganz normale Menschen in einer Kleinstadt, die sich in einem Lokal treffen und über ihre Sorgen unterhalten. Die Spieler*innen übernehmen diese Menschen als ihre Figuren, und dazu noch abwechselnd eine rotierende spielleitende Rolle, den Kellner. Die Spielstruktur orientiert sich an einer Speisekarte, die die Szenen der Figuren innerhalb eines Spannungsbogens chronologisch nach Gerichten ordnet (Frühstück, Mittag, Abendessen, Beilagen, Dessert) und gleichzeitig Ideen für die entsprechenden Szenenthemen liefert (etwa kann eine Figur mit dem Frühstücksgericht Neues Heim eingeführt werden, also ist sie vielleicht gerade hergezogen und sucht Anschluss oder sie baut gerade ein neues Haus mit allen Komplikationen oder sie hat ein altes Haus geerbt, das erstmal entrümpelt werden muss).
Beide Spiele sind nach lokalen kulinarischen Spezialitäten benannt: Poutine ist ein kanadisches Gericht, das aus Pommes frites mit Bratensoße und Käsebruch besteht; Grie Soß ist eine hessische Kräutersoße, die meist mit gekochten Eiern gegessen wird.

Aaron hat Poutine nicht nur übersetzt, sondern auch nach Deutschland, genauer gesagt, Südhessen versetzt. Außerdem enthielt das ursprüngliche Spiel einen Trinkgeld-Mechanismus, bei dem die Person in der Kellnerrolle von den anderen mit Punkten bewertet wurde, für die sie sich später für ihre Figur gewisse Gerichte (also Szenen) zu unterschiedlichen Preisen kaufen konnten, unter anderem einen süßen Abschluss ihrer Geschichte in Form eines Desserts. Diese Bewertung der Spielenden untereinander hat Aaron für seine Version nicht übernommen, sondern die Bestellung der Gerichte nun an andere Bedingungen geknüpft.

Ihr könnt euch hier das Spiel als gelayoutetes PDF herunterladen. Ein Download ist sehr zu empfehlen, denn im Anhang der Datei befindet sich noch weiteres wichtiges Spielmaterial, welches hier nicht zu finden ist (die Handlungsbogen-Formulare und der Stadtplan sowie die passend formatierte Speisekarte und Kellneranweisungen). Tipp für Duplexdrucker: Die Seiten 1-18 doppelseitig ausdrucken; das Deckblatt hat dafür extra eine leere Rückseite). Kellneranweisungen und Stadtplan (19 & 20) am besten einseitig, aber doppelseitig ist auch kein Beinbruch, dann muss man eben manchmal das Blatt wenden.

Zum Kennenlernen des Spiels und flexiblen Lesen unterwegs folgt der Haupttext des Spiels aber auch direkt hier im Zine als Text.

Das Spiel im Volltext zum Onlinelesen

Dein Zuhause ist ein wunderschönes, abgelegenes Örtchen irgendwo in Südhessen. Du bist hier aufgewachsen, deine Eltern sind hier aufgewachsen, ihre Eltern sind hier aufgewachsen … es ist klar, wie der Hase läuft. Hier im Ort gibt es nicht viel: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, einen Supermarkt und grie Soß (grüne Soße) – … awwer godd sei doank: was for e grie Soß! Ernschdhaft – beim Allmäschdige!

Man bekommt sie an der Hauptstraße in der kleinen Apfelweinkneipe, die keiner kennt. Der Koch hier ist zum Niederknien gut und hat das Zeug zum Spitzengastronomen. Alle Anwohner gehen hier essen und alle fliegen drauf. Die gude Stubb hat zwar Probleme – finanzielle und auch andere – aber wer im Ort hat die nicht?

Herberts Tochter beispielsweise ist Einserschülerin, aber ein geplatztes Kondom wird nun verhindern, dass sie nächstes Jahr mit dem Studium beginnt. Horsts Frau schläft seit Monaten mit ihrem Kollegen in Frankfurt. Erichs Vater hat so schwer Alzheimer, dass er in ein Heim gehört – was sich aber beide nicht leisten können. Im Restaurant verschwinden ihre Probleme nicht, aber sie bekommen wenigstens etwas Leckeres zu essen und ein offenes Ohr. Und auch wenn das keine Lösung ist, dann bleibt zumindest noch grie Soß … gä?

Einleitung

Dieses Spiel dreht sich um Liebe, Kummer und echt leckere grie Soß. Die Spieler erzählen darin vom Leben südhessischer Kleinstadtbewohner und ihren Mühen und Nöten. Es ist für zwei und mehr Spieler geschrieben und massiv von Avery Alders A place to fuck each other, D. Vincent Bakers Apocalypse World und Jason Pitres Spark beeinflusst.

Dreh- und Angelpunkt des Spiels sind ein kleines Restaurant und seine Stammgäste. Hier werden Geständnisse gemacht und Meinungen ausgetauscht. Die Spieler erschaffen die Gäste und stellen sie in Szenen im Umgang mit anderen Bürgern der Stadt dar. Außerdem übernehmen sie abwechselnd das „fünfte Rad am Wagen“, den Kellner, der die Nöte ins Spiel bringt, denen diese Menschen in ihrem Alltag ausgesetzt sind.

Für das Spiel benötigt man ein Exemplar dieser Regeln, Stifte und genügend Platz. Es ist vorteilhaft, wenn jemand vor dem Spiel die Regeln gelesen hat, und ich hoffe, die Lektüre ist einigermaßen kurz und unterhaltsam. Falls nicht: Pech gehabt! Jetzt bleibt sie eh an dir hängen.

Man beachte, dass die südhessische Landbevölkerung wenig zimperlich ist und immer ein herzhaftes Schimpfwort auf den Lippen hat, es dabei aber gut meint.
Sieh es als persönlichkeitsbildende Maßnahme!

Südhessen

Einige Spieler wissen möglicherweise nicht viel über das Leben in Südhessen, vielleicht noch nicht einmal, wo Südhessen ist – dieser Abschnitt liefert ein paar Hintergrundinformationen.

Hessen ist ein Bundesland Deutschlands. Sein südlicher Landesteil ist der Regierungsbezirk Darmstadt, der aufgrund des Rhein-Main-Gebietes mit den Metropolen Frankfurt, Wiesbaden und Offenbach zu den bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands gehört. Abseits davon existieren hier aber auch rückständige Kleinstädte, Dörfer und ländliche Regionen in auffälligem Kontrast zur Metropolregion. An einigen Orten entlang des Rheins und im Vogelsberg und Taunus scheint die Zeit seit den 1960er Jahren stillzustehen. In so einem Ort spielt Grie Soß.

Das Land tendierte ehemals zu sozialdemokratischer Politik, seit einigen Jahren wird das Land aber von einer konservativ-ökologischen Koalition regiert. Die wichtigsten Arbeitgeber Südhessens sind die Luftfahrt, die Lebensmittelindustrie, der Finanzsektor, die Informationstechnologie, die Bahn, die Post und die Autoindustrie. Die Region ist auch ein wichtiges Transitland für den europäischen Fernverkehr.

Der hessische Dialekt klingt melodisch, aber ziemlich verwaschen und sehr weich. Für Außenstehende ist er nicht leicht zu verstehen.

Südhessen gelten als lebensfroh und sehr humorvoll. Oft wirken sie unbekümmert und besitzen selbst in problematischen Momenten einen ausgeprägten Sinn für die komischen Seiten des Lebens. Die Anwohner der Region sind alles andere als zurückhaltend und heißen Fremde willkommen, können aber auch aufdringlich wirken.

„Grie Soß“ bezeichnet eine kalte Kräutersauce, die zu Fleisch und Kartoffeln gegessen wird. In Südhessen werden darüber hinaus traditionellerweise bevorzugt „Frankfurter Würstchen“ und „Handkäs mit Musik“ gegessen und Apfelwein getrunken. Typische Restaurants sind mit dunklem Holz möbliert und riechen aufgrund des allgegenwärtigen Apfelweins mehr oder weniger säuerlich.

Das Spiel

Das Spiel besteht aus einer Folge von Szenen zwischen den Figuren, sogenannten Gesprächen, aus denen, wie bei einer Anthologie, eine Geschichtensammlung über die Restaurantgäste entsteht. Figuren betreten die Bühne stets innerhalb des Restaurants. Wird eine Szene „zum Mitnemme“ ausgerufen, kann das Spiel den Figuren auch hin und wieder nach draußen folgen, jegliches Miteinander beginnt aber zunächst im Restaurant.

Die Spieler inszenieren im Restaurant eine Reihe von Gesprächen über gewisse Schlüsselmomente im Leben ihrer Figuren. Diese Momente heißen Gerichte und sind in folgende Typen unterteilt (Beispiele und konkrete Anregungen siehe Speisekarte):

  • Mit einem Frühstücksgericht werden neue Handlungsbögen eingeführt. Übernimmt ein Spieler eine neue Figur oder hat einen Handlungsbogen abgeschlossen, dann schlagt mit einem Frühstücksgericht ein neues Kapitel im Leben seiner Figur auf. Macht aber kein neues Frühstück, solange der Handlungsbogen einer Figur noch nicht abgeschlossen ist.

  • Ein Mittagsgericht bringt Komplikationen ins Leben einer Figur. Bringt damit Bewegung ins Spiel, wenn der Handlungsbogen bereits läuft.

  • Abendgerichte sollten gewählt werden, wenn die Komplikationen aus einem Mittagsgericht ihren Höhepunkt erreichen. Nehmt ein Abendgericht, um den Handlungsbogen einer Figur zum Abschluss zu bringen.

  • Beilagen sind angenehme kleine Ablenkungen von den Hauptkonflikten der Figuren. Sie sind erhältlich, wenn das Spiel ein wenig in Gang gekommen ist. Mit ihnen könnt ihr die Stimmung anheben, wenn sie abzukippen droht.

Gerichte sind fiktive Aufhänger, mit denen ihr das Leben der Figuren interessanter macht. Führt ein Spieler eine Figur neu ein, sollte er mit einem Frühstücksgericht einen Handlungsbogen anlegen, diesen dann über ein oder mehrere Mittagsgerichte bzw. Beilagen fortspinnen, und ihn dann mit dem Abendgericht zur Entscheidung bringen.

Offene Fragen werden nach dem Abendgericht beantwortet, woraufhin die Figur sich entweder zur Ruhe setzt (dann ist auch ein Dessert erhältlich) oder durch ein weiteres Frühstücksgericht ein neues Kapitel ihres Lebens aufschlägt.

Erreicht eine Figur einen Punkt, an dem deren Spieler ihre Geschichte für beendet hält, darf er ein Dessert wählen. Dafür braucht er allerdings die Zustimmung des Kellners. Die Figur wird dadurch in einer Art Epilog zur Ruhe gesetzt.

Generell kann das Spiel fortgesetzt werden, solange Figuren zur Verfügung stehen.

Vorbereitung

Vor der ersten Spielsitzung Grie Soß müsst ihr Einiges vorbereiten. Druckt mindestens eine Speisekarte aus, aber am besten für jeden Spieler eine. Hierauf findet ihr Anregungen für Figurenkonzepte und die verschiedenen Gerichte. Legt außerdem einige Exemplare des Handlungsbogen-Formulars (siehe gelayoutetes PDF) und einen Ausdruck des Stadtplans (ebenfalls nur im PDF) bereit.

Als Gastgeber erklärst du den Spielern dann in Ruhe die Regeln und führst sie durch die ersten Phasen der Spielwelterstellung.

Zeige ihnen zunächst den Stadtplan. Für den Ort, in dem das Spiel stattfindet, solltet ihr ein paar Details festlegen: Wie heißt er? Wie groß ist er? Welche Institutionen dominieren das Stadtbild?

Die Spieler betrachten den Stadtplan und bestimmen dann den Namen der Stadt. Über Google Maps könnt ihr bei Bedarf auch einfach einen Ortsnamen aus Südhessen aussuchen oder ihr denkt euch einen aus.

Denkt auch an die Größe des Ortes. Ein kleines Dorf mit einigen hundert Einwohnern liegt wahrscheinlich ziemlich weit abseits am Rhein oder im Taunus bzw. Vogelsberg. Kleine Städte mit mehreren tausend Einwohnern haben möglicherweise relativ viel Fußgängerverkehr und Besucher aus anderen Orten. Städte mit mehr als zehntausend Einwohnern solltet ihr nach Möglichkeit meiden. Solche Städte sind Metropolen, Grie Soß ist aber eher als Spiel in kleineren Ortschaften gedacht.

Besprecht als nächstes, welche wichtigen Branchen im Ort angesiedelt sind: Dominiert eine einzige Fabrik, die im Falle eines größeren Arbeitsplatzabbaus den Einwohnern ernsthafte Probleme bereiten kann? Ist es ein touristisch geprägter Ort mit Kunstgewerbeläden, der viele Gäste aus den größeren Städten empfängt? Die Wahl sollte gut überlegt sein, denn sie bestimmt den Stil des Spiels mit.

Sobald ihr ein paar Gebäude, Plätze o. ä. auf dem Stadtplan eingetragen habt (etwa ein Element pro Spieler), solltet ihr noch ein paar Ideen über das Restaurant und dessen Lage austauschen. Beschreibt gemeinsam das Restaurant und verliert ein paar Worte über seine Nachbarschaft. Nehmt die Einwohnerzahl als Anhaltspunkt dafür, was für Geschäfte man hier finden kann. Dann könnt ihr den Stadtplan zur Seite legen und zur Figurenerschaffung übergehen.

Erschaffung der Figuren

Im Folgenden erschaffen die Spieler die Figuren, die im Ort leben. Das ist in Grie Soß schnell gemacht: Figuren benötigen lediglich einen Namen, einen Beruf (oder einen anderen Daseinszweck), eine Eigenheit und ein Bedauern (denn in diesem Spiel geht es vor allem um Bedauern und Reue). Ein paar beispielhafte Berufe, Eigenheiten und Bedauern sind als Vorspeise auf der Speisekarte vermerkt, hier folgen ein paar weitere Beispiele:

  • Schorsch, der Bäcker, der die ganze Welt bereist hat, nun aber bedauert, fürs Aus-landsstudium seinen Seelengefährten zu Hause zurückgelassenen zu haben.
  • Lisbeth, die Kellnerin, die den Ort verlassen will, ihren kranken Vater aber schlecht allein zurücklassen kann.
  • Marlene, die Klatschtante des Ortes, die alles weiß und insgeheim bedauert, ihre Tochter an die gottlosen Katholiken verloren zu haben.

Es ist nicht verkehrt, wenn ihr eure Figuren auf mehr oder weniger ähnliche Art und Weise beschreibt: „[Name], der/die [Beruf], der/die [Eigenart], aber [Bedauern]“.

Als Berufe sind sowohl Vollzeit-Hausfrau, eine Erwerbsarbeit oder auch abstraktere Beschäftigungen (z. B. „Genie“ oder „Veteran“) denkbar.

Eigenheiten sind Marotten der Figur, die ihr Handeln beeinflussen. Sie können ein alles bestimmender Faktor sein oder lediglich einen subtilen Wesenszug darstellen, der nur unter Druck zutage tritt.

Das Bedauern ist, wie der Name schon sagt, eine bestimmte Sache, die die Figur bedauert oder bereut oder die sie bedauern würde, wenn es dazu käme.

Beim Erschaffen der Figuren solltet ihr Möglichkeiten suchen, diese durch Beziehungen miteinander zu verknüpfen. Schorsch könnte Lisbeths älterer Bruder oder ehemaliger Liebhaber sein. Die nächste Figur könnte der Vermieter sein, dem Schorschs Bäckerei gehört, oder auch ein Elternteil, mit dem er nicht mehr redet. Die Spieler sollten zuallererst ein Interesse an ihren Figuren entwickeln, über Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Figuren können sie später nachdenken.

Notiert die Figuren und ihre Abenteuer auf den Handlungsbogen-Formularen. Figuren sind üblicherweise „Einzelportionen“ (werden also jeweils von einem bestimmten Spieler gesteuert), aber wenn die Gruppe einverstanden ist, können sie auch zur allgemeinen Verfügung stehen und zwischen den Spielern geteilt werden (wie ein Familienteller). Dann empfiehlt es sich aber, beim Ausspielen der Figuren auf die Wünsche ihrer Schöpfer Rücksicht zu nehmen.

Vor der ersten Sitzung ist es außerdem ratsam, eine Kellnerfigur zu erschaffen, bei der die Fäden aller Gespräche im Restaurant zusammenlaufen. Diese Figur übernehmen die Spieler abwechselnd, um das Spiel sanft zu lenken. Der Kellner wird häufig zum Einsatz kommen, braucht aber selbst nicht mit einem bestimmten Handlungsbogen verknüpft sein.

Verbindungen aufbauen

Grie Soß handelt vom Leben von Kleinstadtbewohnern – und in kleinen Orten ist jeder mit jedem irgendwie verwandt. Bereits beim Frühstück werden Figuren auf der Bildfläche erscheinen, die eine große Bedeutung für die Geschichte haben: gewalttätige Exfreunde, reiche Eltern usw.

Manchmal möchte man solche Figuren mit bereits vorhandenen verbinden, was völlig in Ordnung ist. Manchmal stehen sie zunächst für sich – dann sollte man sie so bald wie möglich ausarbeiten. Gebt ihnen einen Beruf, eine Eigenart und ein Bedauern. Bezieht sie in die bisherige Geschichte ein und spendiert ihnen ein Frühstück. Nix verkomme lasse!

Empfehlenswert sind auch Beziehungen, die drei Figuren miteinander verknüpfen – wechselseitig oder nicht –, deren Bedürfnisse im Widerspruch zueinander stehen. Dennoch sollten die Verbindungen nicht zu kompliziert werden. Es reicht, wenn eine Figur nur eine einzige Sache von einer anderen will. Dieses Bedürfnis sollte sie dann bei allen Interaktionen verfolgen, wenn nötig auf egoistische Weise, bis es einen organischen Abschluss findet.

Appetitanreger für die Spielsitzung aussuchen

Jetzt sollten sich die Spieler die Speisekarte vornehmen und etwa drei Gerichte aus beliebigen Kategorien herauspicken, die sie interessant finden. Sie dienen als Appetitanreger, erste Ideengeber, die der Spielsitzung eine grobe Richtung vorgeben. Sie müssen später nicht unbedingt als Gericht zum Ausrufen eines Gesprächs zum Einsatz kommen, sondern dienen einfach als Startpunkt für das Spiel.

Der Kellner

Während sich zwei Figuren angeregt unterhalten, muss jemand den unabhängigen Dritten spielen – jemand, der die Lage erfassen, die Wahrheit ans Licht bringen und unparteiische Meinungen äußern kann. Das ist die Aufgabe des Kellners. Die Rolle des Kellners kann jeder Spieler übernehmen, der gegenwärtig nicht an einem Gespräch beteiligt ist. Als Kellner steuert man sanft das Gespräch, behält das Ziel im Blick, bietet bei Bedarf Rat und Hilfe an und übernimmt im Dienst der Geschichte auch mal Gegenpositionen.

Der Kellner ist eine beliebige Figur, die an den Tischen serviert. Es kann sich um den Restauranteigentümer, eine Aushilfskraft oder den Chefkoch handeln, je nachdem, in was für einer Art Restaurant das Spiel stattfindet. Wenn nötig, kann die Rolle auch während eines Gesprächs von einem Spieler zum anderen wechseln.

Eine besondere Aufgabe des Kellners besteht darin, zu entscheiden, ob eine Figur ein Dessert verdient hat oder nicht.

Spieler in der Rolle des Kellners sollten die folgenden Leitlinien im Kopf behalten, um den Erzählfluss zu fördern:

  1. Begrüße die Gäste. Wenn jemand das Restaurant betritt, dann biete diesem Gast einen Aufhänger für sein Gespräch an. Frag ihn, was in seinem Leben vor sich geht oder erzähle ihm, welchen Eindruck seine Stimmung auf dich macht. Bestellt der Gast ein Gericht zum Mitnemme, dann folge der Szene auch nach draußen in die Außenwelt.
  2. Baue Beziehungen auf. Verbinde die Gäste durch ein verschlungenes Beziehungsnetz (wie oben beschrieben). Biete den Gästen unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen für- und aneinander an, arbeite sie aus und mache sie glaubwürdig.
  3. Sei hilfsbereit. Wenn ein Gespräch ins Stocken gerät oder stillsteht, bevor es einen befriedigenden Schluss erreicht, dann schalte dich ein und gib deinen Senf dazu.
  4. Kümmer dich um die Gäste. Ist ein Spieler vom Thema abgekommen, also zu einem anderen Gericht übergegangen, dann kannst du ihn sanft zurück zum eigentlichen Thema führen.
  5. Klappe die Tische hoch. Wenn es so aussieht, als sei ein Gespräch abgeschlossen, bitte die Spieler höflich, Platz für andere Gespräche zu machen.
  6. Achte den Feierabend. Lass hin und wieder etwas Zeit verstreichen und überspringe ein paar Stunden, Tage oder Wochen, je nachdem wie es für den gegenwärtigen Stand der Geschichte angemessen erscheint. Ihr könnt die Geschichte wieder aufgreifen, wo es am besten passt, fühlt euch aber nicht verpflichtet, sie komplett auf einen Schlag abzuschließen.

Über diese Leitlinien hinaus haben Kellner noch die Möglichkeit, den Ereignissen durch Tagesgerichte Würze zu verleihen. Die Tagesgerichte sind Mechanismen, die der Kellner den Spielern als Hilfe anbieten kann, um ihre Figuren voll auszuspielen oder um den Handlungsbogen einer Figur anderweitig positiv zu beeinflussen. Die Tagesgerichte sind auf den Kellneranweisungen aufgeführt und geben dem Kellner die Möglichkeit, einige Regeln außer Kraft zu setzen.

Eine Szene zum Mitnemme gefällig? Kein Problem! Lass die Gäste ins Restaurant kommen, packe ihnen das Gericht ein und folge ihnen hinaus in die Welt. Übernimm dann statt der Rolle des Kellners eine außenstehende Figur, vielleicht eine Polizistin, einen Handwerker oder vielleicht auch eine Kellnerin, die gerade freihat – oder verkörpere deine Funktion auf abstrakter Ebene und halte das Gespräch durch Gedanken der Figuren in Gang. Nimm etwas, das sich bequem und natürlich anfühlt, das führt am ehesten zum Ziel.

Im Zweispielerspiel sollte derjenige, dessen Figur gerade schweigt, die Rolle des Kellners übernehmen und sie wieder abgeben, wenn sich seine Figur wieder zu Wort meldet. Wenn das Gespräch hitzig wird, solltet ihr auf die Rolle des Kellners verzichten. Die Angelegenheit wird dadurch zu kompliziert und das häufige Springen zwischen Gast und Kellner kann für die Spieler verwirrend sein.

Gespräche ausrufen

Kommen wir nun zum Zentrum des Spiels! Mit den Gesprächen bei Tisch beginnt das eigentliche Rollenspiel. Wenn gerade kein Gespräch im Spiel ist, könnt ihr in der Gruppe darüber diskutieren, wer das Restaurant als nächstes betritt. Das kann jede beliebige Figur sein – wenn es sie noch nicht gibt, erschafft ihr sie einfach. Figuren können ganz nach Belieben mit Freunden oder allein auftauchen. Lasst sie Platz nehmen, etwas bestellen und ein Gespräch beginnen.

Betritt jemand das Restaurant, sollte er sofort mit einem Gericht bedient werden, zu dem er ein Gespräch ausrufen kann. Verliert keine Zeit, sondern geht direkt zum Gericht über. Nehmt die Eigenarten und das Bedauern der Figuren als Sprungbrett und erzählt, was in ihrem Leben vor sich geht. Wenn die Figuren etwas bedrückt, sprechen sie darüber. Südhessen nehmen kein Blatt vor den Mund und das sollten die Spieler auch nicht tun.

Achtet darauf, dass Gespräche einen natürlichen Verlauf nehmen. Vermeidet Formulierungen, die euch aus der Geschichte reißen. Statt zu fragen, was für ein Gericht oder welche Figur jetzt am passendsten wäre, solltet ihr einfach etwas vorschlagen. Statt zu fragen „Also gut, was machen wir jetzt?“ solltet ihr provokante Fragen stellen, wie z. B.: „Henner kommt mit Tränen in den Augen ins Restaurant. Warum weint er?“ oder „Draußen bricht ein übles Gewitter aus, wer schafft es da in einen Parka gewickelt noch knapp trocken ins Restaurant?“ Wenn Spieler Gespräche ausrufen wollen, die etwas mit den Appetitanregern zu tun haben, die ihr anfangs gemeinsam für die Sitzung bestimmt habt, rückt bevorzugt diese in den Vordergrund, statt erst noch etwas ganz Neues zu erfinden.

Entwickelt sich bei einem Gespräch aber gerade etwas spannendes Neues, müsst ihr nicht auf Biegen und Brechen mit dem Handlungsbogen einer anderen Figur dazwischengehen. Falls die Geschichte davon profitieren würde, dass ihr erstmal am Gespräch einer Figur dranbleibt, dann bleibt bei ihr.

Oder, noch besser: bindet die andere Figur in die laufende Szene ein und geht dann von der einen zur anderen über.

Bedingungen

Um ein bestimmtes Gericht zu bestellen, müssen unterschiedliche Bedingungen erfüllt sein. Sie finden sich auf der Speisekarte.

Gespräche beenden

Irgendwann erreicht ein Gespräch den Punkt, an dem es sinnvoll wird, das Thema zu wechseln. Ist das Gespräch über ein oder mehrere von einem Spieler ausgerufene Themen (Gerichte) eindeutig vorbei, solltet ihr so bald wie möglich eine andere Figur in den Mittelpunkt rücken. Es ist in Ordnung (und wird sogar empfohlen), die Figuren als normale Menschen beim freundschaftlichen Miteinander darzustellen. Versucht aber trotzdem, schnellstmöglich wieder etwas Spannendes passieren zu lassen.

Haben sich zwei Figuren nichts mehr zu sagen, bestehen folgende Möglichkeiten:

  1. Bestimmt einen anderen Gast, der ein neues Gespräch beginnt.
  2. Lasst einen neuen Gast mit neuem Gesprächsstoff zur Tür hereinkommen.
  3. Wenn das letzte Gespräch an einer Stelle endete, an der etwas wirklich Entscheidendes bevorstand, kann ein solches Ereignis im nächsten ausgerufenen Gespräch zum Thema werden. Findet dieses Gespräch außerhalb des Restaurants statt, muss ein Gericht „zum Mitnemme“ gewählt werden, damit der Spieler des Kellners der Handlung in anderer Gestalt folgen kann.

Das Ende eines Gesprächs ist eine gute Gelegenheit, das Schließen des Restaurants in Betracht zu ziehen (weil Sperrstunde ist, Renovierungsarbeiten anstehen oder einfach um Zeit zu überbrücken, damit irgendwelche Ereignisse eintreten können). Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut!

Zum Spieltempo

Ein typisches Gespräch dauert etwa fünf bis zehn Minuten, abhängig davon, wie viele Gerichte ihr für die Szene ausgewählt habt. Rechnet man die Zeit für Szenenwechsel mit ein, solltet ihr in einer durchschnittlichen Zweistundensitzung mit vier Spielern etwa zehn Szenen spielen und jeder mindestens zweimal kellnern. Unter diesen Umständen lässt sich das Spiel in einer Sitzung beenden, wenn es sich auf einen einzigen Handlungsbogen beschränkt.

Wahrscheinlich empfinden die Spieler aber einen Handlungsbogen als zu wenig, um die Geschichte einer Figur vollständig zu erzählen. Das ist auch so gedacht. Ein Handlungsbogen kann als ein Akt in der Geschichte einer Figur verstanden werden – in längeren Kampagnen vielleicht sogar nur als ein Kapitel. Wie viele Handlungsbögen nötig sind, um die Geschichte einer Figur angemessen abzuschließen, bleibt völlig den Spielern überlassen. Grie Soß ermöglicht es, Handlungsbögen zu verfolgen, bis sie uninteressant werden und sie dann im Handumdrehen zum Abschluss zu bringen.

Niemals sollte das Ende eines Handlungsbogens weiter als eine Sitzung entfernt liegen, und ab der zweiten Sitzung lässt sich jederzeit bei Bedarf ein Handlungsbogen mit einem Dessert abschließen.

Exotische Bestellungen

Zu lernen, wie man exotische Gerichte bestellt, also solche, die nicht auf der Speisekarte stehen, macht Grie Soß besonders reizvoll. Die abgedruckten Gerichte sind als Inspiration gedacht, sie sollen nicht die Fantasie einschränken (obwohl sie sicherlich als Gedankenstütze für unerfahrene Erzählspieler dienen können). Die Speisekarte soll Spielern helfen, ihre Ideen konkret umzusetzen. Sie ist nicht als erschöpfende Liste dessen gedacht, was die Figuren erleben können.

Beim Bestellen exotischer Gerichte sollten die Spieler im Auge behalten, wie das die Richtung eines Handlungsbogens beeinflussen kann. Das Spiel ist nicht dazu gedacht, weltbewegend epische, länderübergreifende Geschichten zu erzählen. Entsprechend sollte man Gerichte vermeiden, die von den persönlichen Erlebnissen der Figuren wegführen. Gerichte, die den Schwerpunkt einer Geschichte aus dem Restaurant hinaus verlegen, sind vielleicht eher verkappte Desserts.

Erfindet eigene Gerichte, die euren Figuren die Gelegenheit geben, mit Nahestehenden über ihre Lebensprobleme zu reden. Das Spiel sollte aber auch nicht zu einer ziellos vor sich hin plätschernden Stadtratssitzung werden. Gerichte sollten den Figuren neben dem Diskutieren auch genügend Zeit für Taten lassen. Diese Taten können in den Szenen selbst oder dazwischen stattfinden und sollten das eigentliche Gesprächsthema sein.

Die besten Gerichte zerren die Figuren mit Gewalt aus ihrer Wohlfühlzone, stellen ihre Überzeugungen infrage und ihre Geduld auf die Probe.

Mitarbeiter der Woche

Wenn eine Sitzung endet, nominiert jeder Spieler eine Figur zum Mitarbeiter der Woche. Man darf keine Figur nominieren, die man während der Sitzung selbst gespielt hat.

Die Figur mit den meisten Nominierungen darf die nächste Runde beginnen und steht in deren ersten Szene im Mittelpunkt. Bei einem Unentschieden bekommt diejenige Figur den Titel, die am längsten nicht mehr Mitarbeiter der Woche gewesen ist. Führt auch das zu keiner Entscheidung, erhält die Figur den Titel, die am ehesten ein Grie-Soß-Wettessen gewinnen würde.

Handwerkszeug

Im Anhang finden sich verschiedene Handouts, die das Spielen von Grie Soß etwas einfacher gestalten.

Die Speisekarte ist, wie schon erwähnt, als Kurzübersicht konzipiert. Sie dient als Gedächtnisstütze für die Regeln und als Inspiration beim Ausrufen von Gesprächen. Bestenfalls sollte eine Speisekarte pro Spieler zur Verfügung stehen, sodass alle sich jederzeit die unterschiedlichen Gerichte anschauen können.

Die Kellneranweisungen sind ein Merkblatt, das ihr untereinander herumreichen könnt. Es enthält alles, das beim Kellnern zu tun ist, sowie eine Liste der Tagesgerichte – Mechanismen, die dem Kellner zur Verfügung stehen, um dem Spiel einen besonderen Dreh zu verleihen.

Der Stadtplan liegt bei (Anmerkung: nur im gelayouteten PDF), um den Spielern zu helfen, ihren Ort und dessen Bewohner auszuarbeiten – die Gruppe muss ihn aber nicht nutzen, sondern kann auch einen eigenen zeichnen. Tragt Gebäude, Gewerbe, Parks und andere Dinge darauf ein. Beschriftet die Einträge und arbeitet sie weiter aus – so gewinnt der Ort nach und nach ein individuelles Gesicht.

Um die Gedanken der Spieler zu ordnen, liegt auch ein optionales Handlungsbogen-Formular bei (Anmerkung: nur im gelayouteten PDF). Wenn ihr ein Gespräch beginnt, das zu einen längeren Handlungsstrang gehört, könnt ihr es dort mit einem Titel versehen, wie ein Kapitel in einem Buch. Hier könnt ihr auch die Personen notieren, um die es im Handlungsbogen geht (also die, über die gesprochen wird, nicht nur die Gesprächsteilnehmer selbst). Zuletzt könnt ihr auch wichtige Informationen festhalten, die im Laufe der Gespräche ans Licht kommen (sprich: Klatsch und Tratsch).

Verwendet ruhig auch noch beliebige weitere Werkzeuge, wenn sie euch helfen, eure Gedanken zu ordnen.

Ihr könnt das Spiel sogar in ein LARP verwandeln und tatsächlich beim Essen spielen (vielleicht sogar in einem echten Restaurant)! Geht aber nicht so stark in euren Rollen auf, dass es zu echten Autounfällen oder zu Drogenmissbrauch kommt. Lieber auf Nummer sicher gehen!

Letzte Anmerkungen

Das Spiel befindet sich noch in einer frühen Testphase und braucht Feedback zum Wachsen. Lob, Spott, Fragen oder Leckerli für meinen armen, hungrigen Beagle (der kontinuierlich am Verhungern ist, wie er mir versichert), könnt ihr mir per Twitter auf @puhpuhburr hinterlassen.

Er freut sich bestimmt, wenn er ein paar Leckerli – oder wenigstens den Kopf getätschelt – bekommt.

Widmung

Dieses Spiel ist all jenen gewidmet, die in einer Kleinstadt aufgewachsen sind und sie nie wirklich verlassen haben. Wo wären wir ohne unsere Probleme und Sorgen?

Beispielhandlungsbogen

Alex, Benni und ich spielen eine Runde Grie Soß. Alex spielt Jacqueline, die Besitzerin und Gelegenheits-Bardame eines örtlichen Restaurants (Zum Fichtenwirt). Benni beschließt, Jacquelines Mutter Linda zu spielen, eine Rentnerin, die mit Jacqueline zerstritten und an Krebs erkrankt ist. Ich wähle Paulheinz als Figur, den Besitzer des Gebäudes, in dem sich der Fichtenwirt befindet. Paulheinz ist mit Linda verheiratet.

Wir nehmen uns den Stadtplan vor und platzierten das Restaurant in einer Seitenstraße zur Frankfurter Straße. Auf dem Schild der Kneipe steht: „Zum Fichtenwirt, hessische Spezialitäten“. Wir fassen als Appetitanreger für die Spielsitzung schon einmal ein paar Gerichte ins Auge, die uns interessant erscheinen: „Alkohol/Drogen“, „Neuer Liebhaber“ und „Brisanter Streit“. Wir sind nicht unbedingt an diese Gerichte gebunden, sie geben uns aber eine Vorstellung vom Ton, den der Abend erhalten soll.

Dann rufen wir die erste Szene aus, die kurz nach dem Beginn von Jacquelines Schicht im Fichtenwirt beginnen soll. Jacqueline unterhält sich mit einem Kellner. Es kann losgehen!

Titel: Mutter hat immer Recht!
Personen
  • Jacqueline: Bardame im Fichtenwirt, die alles weiß, und bedauert, dass sie das Erbe aus dem Testament ihres Vaters angenommen hat.
  • Linda: Rentnerin, die den Kampf gegen den Krebs verliert, und bedauert, wie sie ihre Tochter behandelt hat.
  • Paulheinz: Vermieter des Fichtenwirts, der bedauert, Jacqueline die Miete einmal zu häufig erlassen zu haben.
Klatsch
  • Jacqueline hat schon seit zehn Jahren nicht mehr mit ihrer Mutter gesprochen. (Frühstücksgericht: Zerrüttete Familie)
  • Linda hat Paulheinz schon sehr früh nach dem Tod von Jacquelines Vater geheiratet. (Frühstücksgericht: Neuer Liebhaber)
  • Jacqueline kann nicht eingestehen, dass sie ein Alkoholproblem hat (Mittagsgericht: Jemand will sich nicht ändern)
  • Paulheinz und Jacqueline hassen sich, weil Jacqueline nie rechtzeitig die Miete für den Fichtenwirt bezahlt (Mittagsgericht: Vernachlässigte Pflichten)
  • Linda erzählt Jacqueline – im Beisein von Paulheinz –, dass sie Krebs hat. Jacqueline ist darüber wütend und bestürzt. Sie streiten und Jacqueline stürmt aus dem Lokal (Mittagsgericht: ein brisanter Streit)
  • Jacqueline betrinkt sich (Beilage: Alkohol/Drogen)
  • Jacqueline fährt in einer „zum Mitnemme“-Szene ihr Auto zu Schrott (Abendgericht: Etwas zerstören)

Dieser Klatsch entstammt durchweg spielinternen Gesprächen und speist sich jeweils aus einem einzelnen Gericht von der Speisekarte. Was in Jacquelines Geschichte als nächstes geschieht, hängt von verschiedenen Dingen ab.

Vielleicht lässt Jacquelines Versicherung sie fallen und ein neuer Handlungsbogen beginnt, in dem es um ihre Verschuldung geht. Vielleicht wirft Paulheinz Jacqueline auch hinaus, schließt den Fichtenwirt, und im nächsten Handlungsbogen geht es um Jacquelines Kündigung.

Vielleicht gönnt sich Jacqueline aber auch ein Dessert – sie greift zum Telefon, ruft ihre Mutter an, versöhnt sich nach vielen Jahren der Entfremdung mit ihr und sie schließen die Lücken, die ihre Trennung in ihrem Leben hinterlassen hat. Das Leben ist zu kurz, um es mit Familienstreitigkeiten zu verbringen.


Speisekarte

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Vorspeisen

(Anregungen zur Figurenerschaffung)

Du legst erst los? Lust auf was Neues? Warum versuchst du nicht eines unserer vorgefertigten Figurenkonzepte?

  • Trucker auf Durchreise
  • Kellnerin, die aussteigen will
  • Stammkunde, der Veränderung hasst
  • Koch mit großen Träumen
  • Hausfrau aus der Großstadt
  • Arbeiterin, die ihre Familie liebt
  • Besitzer, der noch ganz am Anfang steht
  • Bürgermeisterin, die immer fair ist
  • Intelligentes Kind mit null Bock
  • Bankkaufmann, der seine Familie liebt

Frühstücksgerichte

(Zu Beginn eines Handlungsbogens)

Ein leckeres Frühstück ist der beste Start in den Handlungsbogen deiner Figur. Schließlich ist es die wichtigste Mahlzeit des Tages!

  • Neuer Mitbewohner
  • Gescheitertes Unternehmen
  • Besuch aus der Vergangenheit
  • Neuer Liebhaber
  • Schul- oder Studienabschluss
  • Beförderung
  • Neuer Job
  • Ehe
  • Neugeborenes
  • Unverhoffter Geldsegen
  • Neues Heim
  • Krankheit/Sucht
  • Zerrüttete Familie

Mittagsgerichte

(Bedingung: bereits gefrühstückt)

Der Alltag in der Kleinstadt kann hart sein, aber unsere Mittagsgerichte bringen deine Handlungsbögen kräftig in Schwung!

  • Einmalige Gelegenheit
  • Sie sind vorübergehend getrennt
  • Bring sie in Verlegenheit
  • Nimm etwas weg
  • Lass sie büßen
  • Die Konsequenzen tragen
  • Es wir etwas gestohlen
  • Vernachlässigte Pflichten
  • Ungeheuerliche Gerüchte kursieren
  • Jemand will sich nicht ändern
  • Brisanter Streit
  • Jemand ist isoliert
  • Hilferuf

Beilagen (Ablenkungen)

(Bedingung: bereits ein Mittagsgericht ohne Beilagen verzehrt, dann mit oder ohne Mittagsgericht erhältlich)

Trotz Mittagessen immer noch hungrig? Dann probier doch mal eine unserer köstlichen Beilagen, die alles interessanter machen!

  • Weitläufige Verwandtschaft
  • Einkaufen
  • Ferien/Reise
  • Politik
  • Religion
  • Hobbys
  • Alkohol/Drogen
  • Schnee von gestern
  • Ausnahmewetter
  • Romantik

Abendgerichte

(Bedingung: bereits mindestens ein Mittagsgericht verzehrt)

Abendgerichte schließen Handlungsbögen ab. Sie bilden die großen Konflikte, bei denen Grenzen gezogen werden und die das Leben aller Beteiligten unwiderruflich und einschneidend verändern. Es gibt sie nur am Tagesende. Wähle also mit Bedacht!

  • Tod eines Angehörigen
  • Scheidung/Trennung
  • Finanzieller Ruin
  • Ein Geheimnis wird gelüftet
  • Jemanden vertreiben
  • Etwas zerstören
  • Ein Ultimatum stellen
  • Jemand bricht zusammen
  • Die Obrigkeit greift ein
  • Eine Krankheit siegt
  • Verbaute Zukunft
  • Die Versuchung lockt

Dessert (Süßer Abschluss)

(Bedingung: bereits einen Handlungsbogen mit einem Abendgericht beendet, der Kellner ist mit der Bestellung einverstanden)

Gönn dir was Süßes! Wenn man es gut mit dir meint, bekommst du den Schluss, den du dir immer gewünscht hast.
Nach ihrem Dessert sollten Figuren aus dem Spiel ausscheiden. Desserts sind der Epilog ihrer Geschichte.

  • Ruhestand
  • Freiheit
  • Glück
  • Leidenschaft
  • Anerkennung
  • Versöhnung
  • Wissen
  • Weisheit

Zum Mitnemme

(Bedingung: voriges Gericht im Lokal verzehrt)

Wer sein Gericht mitnimmt, kann sein Gespräch außerhalb des Restaurants weiterführen. Bei Bedarf kann dabei ein unabhängiger Dritter die Rolle des Kellners übernehmen: ein Elternteil, Gesetzeshüter, die Stimme der Vernunft, o. ä.

Exotische Bestellungen

  • Halte dich an die üblichen Bedingungen für Gerichte
  • Stelle die Figuren in den Mittelpunkt
  • Wahre nach Möglichkeit lokale Interessen
  • Lade den Figuren nicht zu viel auf den Teller
  • Bring sie dazu, etwas Neues zu probieren

Spieltipps für alle

  • Redet miteinander, nicht aneinander vorbei.
  • Sprecht mit den Figuren, nicht mit den Spielern.
  • Findet beim Spielen heraus, was passiert, plant nicht voraus.
  • Amüsiert euch!

Kellneranweisungen

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Tagesgerichte

Alles etwas eintönig? Dann würze deine Gespräche mit einem der folgenden Spezialangebote nach. Pro Gespräch ist aber höchstens ein solches Angebot erlaubt – wähle also mit Bedacht!

Wenn man vom Teufel spricht!

Lass eine Figur, die im Gespräch eine Rolle spielt, vorbeikommen und bei Bedarf die letzten entscheidenden Sätze mitkriegen.

Den Rest bitte einpacken!

Schick die Redenden mitten im Gespräch nach draußen in die Außenwelt und gib ihnen einen gemütlichen, abgeschiedenen Ort, an dem sich das Gespräch zu Ende führen lässt.

Es gibt Spiegelei!

Wähle ein Gericht von der Speisekarte und biete es einer Figur an. Dabei darfst du sogar die Bedingungen ignorieren. Manchmal weiß der Kellner einfach am besten, was der Gast will. Bei Bedarf kannst du auch eine exotische Bestellung vorschlagen. Selbstverständlich steht es dem Gast frei, den Vorschlag abzulehnen.

Der Barkeeper

Einmal pro Szene darfst du einer Figur eine Frage von der folgenden Liste stellen. Einmal pro Sitzung darfst du sogar drei Fragen von der Liste stellen oder aber eine beliebige Frage, die nicht auf der Liste steht.

  • Was hast du wirklich auf dem Herzen?
  • Was soll passieren, wenn es nach dir ginge?
  • Wieso bist du hier und nicht _________?
  • Was müsste passieren, damit du ____ tust?
  • Wovor hast du am meisten Angst?
Die kleinen Freuden!

Wenn die Ereignisse eine ungute Richtung eingeschlagen haben, kannst du mitten im Gespräch ein neues Frühstücksgericht servieren. Jede Krise ist auch eine Chance!

Leitlinien für Kellner

  • Begrüße die Gäste und biete ihnen Aufhänger für Gespräche und Handlungsbögen an.
  • Baue Beziehungen zwischen den Gästen auf!
  • Sei hilfsbereit: Bringe stockende Gespräche wieder in Gang.
  • Kümmere dich um die Gäste: Bring sie zum Gesprächsthema zurück, wenn sie vom Gericht abschweifen.
  • Klapp die Tische hoch: Rege Szenenwechsel an, wenn sie sich anbieten.
  • Denk an den Feierabend: Ziehe einen Zeitsprung in Betracht.

Bedingungen für exotische Gerichte

Exotische Bestellungen oder eigens erschaffene Gerichte unterliegen denselben Bedingungen wie die Gerichte auf der Karte:

  • Frühstücksgericht: Zu Beginn eines Handlungsbogens
  • Mittagsgericht: bereits gefrühstückt
  • Abendgericht: bereits mindestens ein Mittagsgericht verzehrt

Impressum

Grie Soß (Originaltitel: Poutine) von Adam Robichaud
Übersetzung, Settinganpassung, Weiterentwicklung: Aaron Böhler
Redaktion, Lektorat, Layout: Tina Trillitzsch
Korrektorat: Thorsten Panknin
Poutine © 2015–2019 Adam Robichaud.

Bildnachweis

Coverbild: Tina Trillitzsch

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