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Winterwald: Die seltsame Erkrankung der Laura Ellis

Von Thorsten am 26. Juni 2018

Religion, Wissenschaft und Müllershandwerk in einem kalten, finstren Wald – kann das gut gehen?

573 Wörter, ungefähre Lesedauer 3 Min.

Am vergangenen Samstag war ich als Spieler online im Winterwald unterwegs, was wahnsinnig viel Spaß gemacht hat!

Was spielten wir?

Wir spielten eines der Szenarien aus dem Regelwerk. Da ich niemanden spoilern möchte, raffe ich den Inhalt komprimiert und (hoffentlich) eher vage zusammen: Reverend Wallace, der Arzt Dr. Cross und der Müllergeselle Neville Lee machten sich in den Wald auf, um eine mysteriöse Frau zu suchen, die mit der seltsamen und schweren Erkrankung von Nevilles Schwester Laura in Verbindung gebracht wurde.

Die Figuren passten für das Szenario gut zusammen, denn der Reverend war natürlich ein gottesfürchtiger Mann, während sich Dr. Cross als Mann der reinen Wissenschaft präsentierte – zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Neville war der verzweifelte Bruder der erkrankten Laura und auch eher von der gottesfürchtigen Sorte. Gegen Ende ihres Abenteuers opferte sich der gute Doktor und der Rest der Gruppe machte sich, sehr traurig, auf den Weg zurück ins Dorf. Dort wurde letztlich alles gut und, wie sich herausstellte, war der Doktor doch nicht in den Flammen gestorben, sondern irrte jahrzehntelang durch den Wald, bis er schließlich auch wieder das Dorf erreichte.

Das Spielgeschehen im Nachhinein

Wir sprachen nach den etwa zwei Stunden Spielzeit noch etwas miteinander und die meisten Teilnehmer gestanden, dass sie einige Male Gänsehaut bekommen hatten. Ich für meinen Teil hatte am Ende sogar ein wenig „Bleed“, es schwappte etwas von meiner Figur in meine Gefühle hinüber – die Abschiedsrede des Reverends war einfach zu gut, um daran nicht auch empathisch teilzuhaben.

Die Regeln …

Es wurde – natürlich, muss ich fast schon sagen – auch über die Regeln gesprochen und ob sie eigentlich nötig gewesen wären. Ich persönlich finde, dass die Kältemarker-Mechanik mit den W6-Würfen schon eine gute Sache ist, bildet sie doch auf einfache Weise die steigende Schwierigkeit von Handlungen durch steigenden Horror ab. Wir hätten in unserer Konstellation vermutlich auch ohne auskommen können, denn wir waren als Rollenspieler alle erfahren genug, um das größtenteils rein erzählerisch zu handhaben.

Athmosphäre

Es gab zwischendurch mal eine minimale Kampfsituation und gegen Ende auch, das war es aber schon – und das finde ich toll. Der Oneshot bestand aus atmosphärischem Rollenspiel, angefangen von der Einführung der Figuren bis hin zum Ausspielen der spannenden Situationen im Wald. Der freundliche Zwiestreit zwischen Kirche und Wissenschaft war teilweise auch sehr unterhaltsam. Den Spieler unseres Reverends muss ich da besonders loben, denn er stellte den Gottesmann wirklich gut dar, inklusive passenden Bibelzitaten. Ganz toll!

Sprache

Winterwald macht sprachlich etwas sehr anders als gewohnte Rollenspiele: Alle sprechen in der dritten Person Vergangenheit über ihre (NSC-)Figuren, was zu Beginn eigentlich immer eine Umstellung ist. Auch wir hatten anfangs mit einigen Hakern zu kämpfen, was sich aber schnell gab. Respekt dazu an unseren Spielleiter, der naturgemäß eine etwas schwierigere Aufgabe hatte als wir Spielenden.

Fazit

Winterwald hat sich für mich wieder als sehr gutes Pick-up-Spiel mit Horrorthematik erwiesen. Die Regeln sind so einfach, dass die Mitmachschwelle sehr niedrig ist und die Kältemarker verleihen dem Ganzen einen Touch von Cthulhu mit seiner Sanity-Mechanik.

Es macht Sinn, Winterwald mit Leuten zu spielen, die dem erzählerischen Spiel nicht abgeneigt sind. Durch die minimalen Regeln ist hier aber viel Raum für schönes Rollenspiel ganz nach Gusto und Detailtiefe der Teilnehmer.

Vieleicht trenne ich das Spiel mal aus seinem angestammten Genre und verpflanze es in Unter dem Stahlhimmel aus Dread oder Ähnlichem, das könnte lustig werden.


Wir verschenken demnächst übrigens das Grundregelwerk von Winterwald, da wir ein Exemplar doppelt haben.

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