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Karneval der Rollenspielblogs: Tipps für neue Spielleiterinnen und Spielleiter

Von Thorsten am 16. März 2018

Hinweise für den Einstieg ins Rollenspiel – als Spielleitung

1.136 Wörter, ungefähre Lesedauer 6 Min.

Cartoonzeichnung einer Abenteuergruppe mit Drachen

Diesen Karneval der Rollenspielblogs finde ich besonders toll und sehr wichtig. Nicht nur, dass der Ausrichter, Infernal Teddy, die Aufmerksamkeit ausdrücklich auf positive Aspekte lenken möchte, sondern auch, dass es um Hilfen für neue Spielleiter und Spielleiterinnen geht.

Ich konzentriere mich in diesem Beitrag auf neue Spielleiterinnen und Spielleiter, die einen möglichst schnellen und unkomplizierten Einstieg ins Rollenspiel suchen, um es auszuprobieren.

Ich sitze im selben Boot wie du

Ich begann, vor über zwanzig Jahren, mit Call of Cthulhu (einem Horror-Rollenspiel in den Welten von H. P. Lovecraft).

Ich erinnere mich noch gut an die Geschichte und ihre Auswirkungen: Daran, dass mindestens einer meiner Spieler mit umklammertem Kissen auf seiner Sitzgelegenheit hin und her wippte und eine Zigarette nach der anderen rauchte. Dass die Spieler an die Decke sprangen, als ich überraschend von unten gegen den Spieltisch trat. Dass einer der Spieler seine Figur aus dem Spiel nahm, weil sie es alles nicht mehr aushielt (und der Wert für die geistige Stabilität bedrohlich niedrig war).

Ich erinnere mich an meinen ersten größeren Spielleiterfehler, weil ich eine Figur ziemlich willkürlich in ein Schleimmonster stolpern ließ und der Spieler verständlicherweise ein bisschen angesäuert war, weil er eine neue Figur erstellen musste. Mir blieben die Dinge im Gedächtnis, die sich zwischen uns als Spieler und den Figuren abspielten.

Ich hatte das Hobby nach meinen Anfängen in den 90ern einige Jahre aus den Augen verloren und stieg erst etwa 2013 wieder ein. Es hat dann bis Winter 2017 gedauert, bis ich wieder etwas geleitet habe: Es war eine Partie Geh nicht in den Winterwald, ein sehr einfaches Gruselrollenspiel.

Ich bin also selbst noch/wieder ein Neuling und sitze im selben Boot wie du. Eigentlich sind das also auch Tipps an mich selbst, an die ich mich immer wieder erinnern möchte.

Die Tipps, ganz kurz und knapp

Hier folgen meine Tipps in aller Kürze. Wenn du möchtest, kannst du im weiteren Verlauf noch mehr Details zu den jeweiligen Punkten lesen.

Die Tipps, etwas ausführlicher

Suche dir ein Spiel aus, das euch schnell einsteigen lässt

Erzähle Geschichten, simuliere nicht die Wirklichkeit. Du brauchst nicht erst ein Regelwerk in der Größenordnung eines Telefonbuchs durchzuarbeiten, um mit dem Rollenspiel loslegen zu können.

Nimm ein einfaches Regelsystem. Ja, Regeln strukturieren und geben dadurch auch eine gewisse Orientierung und Sicherheit, aber sie können beim Einstieg oder Ausprobieren auch hinderlich sein, wenn es zu viele davon gibt. Ich halte es schon für wichtig, zu Beginn einige Regeln zu haben, weil sie einen Rahmen geben. Dabei kann man sich aber auf das Wichtigste beschränken, wenn es um ein erstes Ausprobieren geht.

Viele Dinge kannst du mit dem gesunden Menschenverstand regeln. Wenn jemand einen eindeutigen Vorteil hat, beispielsweise durch Überraschung, lasse die Spielerin nochmal würfeln und das bessere Ergebnis behalten.

Beispiele für einfache Regelsysteme

Dies ist natürlich eine subjektive Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt oder von sich behauptet, der Weisheit letzter Schluss zu sein. Die aufgelisteten Spiele sind auch nicht alle gleich einfach, sie unterscheiden sich da etwas, was in der Natur der Sache liegt. Ich liste extra Spiele auf, die du kostenlos beziehen kannst. Du musst zum Ausprobieren kein Geld ausgeben, was gerade schwierig sein kann, falls das Spiel doch nicht gefällt.

Einige dieser Spiele bieten keine Regeln für längeres Spiel und sind auf sogenannte „Oneshots“ ausgerichtet. Das sind Szenarien, die man an einem Abend durchspielen kann, also in der Regel kürzere, abgeschlossene Geschichten.

(Cthulhu Dark, Lite und Zettel-RPG bringen im Regelheft von Haus aus kein(e) Abenteuer mit, bei NIP’AJIN und 1w6 gibt es aber ein oder mehrere separate Szenarien auf den Websites. Laser & Gefühle enthält bereits eine Grundsituation und einen kleinen Abenteuergenerator. Lite erklärt in seinem Heft, wie man dafür Abenteuer schreibt, falls du selbst kreativ werden möchtest.)

  • Cthulhu Dark von Graham Walmsley (Horror im Stil von H. P. Lovecraft, keine Kampfregeln)
  • Laser & Gefühle von John Harper (Science Fiction, habe ich mit anderen zusammen übersetzt)
  • Lite von jcgames (ein Regelsystem, mit dem man alles spielen kann)
  • NIP’AJIN von Ludus Leonis (ein Regelsystem, mit dem man alles spielen kann)
  • Zettel-RPG von Arne Babenhauserheide (eine vereinfachte Version des 1w6-Systems, besonders für Kinder geeignet)

Konzentriere dich auf die Geschichte

Ich sehe Rollenspiel als Geschichtenerzählen. Dafür reicht oftmals der gesunde Menschenverstand. Es ist nicht unbedingt notwendig, dass Spielerinnen oder Spieler eine Figur¹ bis ins letzte Detail definieren. Oftmals reicht schon das Wissen, welchen Beruf und welche Hobbys eine Figur ausübt, um eine gute Vorstellung davon zu bekommen, was er oder sie tun kann, was eher nicht und was auf gar keinen Fall. Das Rollenspiel Barbarians of Lemuria macht es in etwa so und nennt das „Laufbahnen“. Wenn ihr dann noch kurz überlegt, wie die Figuren aussehen, seid ihr super dabei. Definiert so viel Hintergrund wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das gilt auch für Nebenfiguren, die du als Spielleitung darstellen wirst.

¹ Die meisten nennen die Rolle, die man spielt, auch „Charakter“.

Höre deinen Spielerinnen und Spielern zu

Egal, ob du ein vorgefertigtes Abenteuer spielst oder dir selbst etwas ausgedacht hast: Höre genau zu, was deine Spielerinnen und Spieler sagen und baue in der Regel darauf auf. Es ist schon okay, wenn du eine Vorstellung davon hast, wo es hingehen soll, aber gib deinen Leuten die Gelegenheit, Einfluss zu nehmen. Rollenspiel ist nicht wie das Lesen eines Buches, wo man normalerweise keinen Einfluss nehmen kann, Rollenspiel ist interaktiv.

Suche dir Leute, die dir wohlgesonnen sind

Wenn du mit etwas Neuem anfängst, schaue, dass du mit freundlichen Leuten spielst. Spiele mit Menschen, bei denen es nicht schlimm ist, wenn du mal etwas falsch machst. Natürlich wirst du dein Bestes geben wollen, aber gerade am Anfang spielen Nervosität und Anspannung einem gerne mal einen Streich. Gerade deshalb finde ich es wichtig, mit wenig Regeln zu beginnen. Wie schon gesagt, konzentriere dich auf die Geschichte und deine Spielerinnen und Spieler.

Traue dich

Bereite dich so weit auf das Leiten vor, dass du dich sicher genug fühlst, um dann loszulegen. Wie viel Aufwand das für dich bedeutet, weißt nur du. Improvisierst du gern, reichen wahrscheinlich grobe Vorstellungen der Figuren und ein paar Stichwörter zur Handlung und dem Ziel des Abenteuers. Schöpfst du lieber aus reichhaltigem Detailwissen, um auf vieles vorbereitet zu sein, was deine Spielerinnen und Spieler machen könnten, arbeite die nötigen Informationen aus.

Wenn du merkst, dass du lieber komplexere Regeln spielen möchtest, kannst du dich mit großen Augen den ganzen entsprechenden Regelwerken widmen, die es noch da draußen gibt. Finde heraus, was dir und deinen Leuten Spaß macht.

Aber ganz, ganz wichtig: Denke nicht nur übers Rollenspiel nach, spiele es auch.

Bildnachweis

Die Grafik zu Beginn des Artikels ist von Freepik (Designed by Freepik) und wurde von mir bearbeitet

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