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Girl Underground – Erinnerungen an eine schöne und wundersame Spielrunde

Von Thorsten am 20. September 2019

Ab in den Kaninchenbau!

978 Wörter, ungefähre Lesedauer 5 Min.

Das Logo des Rollenspiels 'Girl Underground'

Ich hab vor Kurzem an einer zweiteiligen Online-Spielrunde Girl Underground teilgenommen, und es war super.

Dieser Blogbeitrag spiegelt meine subjektiven Eindrücke wider und ist weder eine Rezension noch ein wirklicher Spielbericht. Ich gebe mir Mühe, nicht (zu sehr) zu spoilern.

Wer das Spiel von Lauren McManamon und Jesse Ross nicht kennt, hier eine kurze Beschreibung: Girl Underground ist ein PbtA ähnliches Rollenspiel im Zine-Format für 3–5 Teilnehmende, in dem es um ein neugieriges Mädchen in einer wundersamen Welt geht. Inspiriert ist das Spiel von Alice im Wunderland, Der Zauberer von Oz und Chihiros Reise ins Zauberland.

Das Besondere an Girl Underground ist, dass alle Spielenden neben der festen Rolle einer Begleitung auch abwechselnd die des jungen Mädchens spielen, das sie gemeinsam zu Beginn erschaffen.

Ich habe mir während der Spielsitzungen ein paar Notizen gemacht, die als Grundlage für diesen Blogbeitrag dienen.

Das Setting

Mich hat das Setting des Spiels, abseits der Regeln, sofort in seinen Bann gezogen. Ich hab die entsprechenden Bücher oder Filme, durch die Girl Underground inspiriert ist, entweder nicht oder vor laaanger Zeit konsumiert. Unser Spielleiter Eike hauchte dem Setting allerdings von Beginn an ein märchen- und wunderschön kindhaftes Leben ein, was mich sofort ins Spiel hineinzog. Ich vermute, es ging den anderen Spielerinnen und Spielern ähnlich. Wo ich gerade bei ihnen bin: Die Atmosphäre war auch unter den Teilnehmenden sehr passend und ich möchte hervorheben, dass ich mich sofort wohlgefühlt habe. Mit zweien von uns Fünfen hatte ich vorher noch nicht gespielt, das war aber gar kein Problem.

Das Mädchen und die Ausgangssituation

Wie bei anderen an PbtA angelehnten Spielen ist die Figurenerschaffung auch bei Girl Underground sehr angenehm. Im Prinzip stellt das Spiel Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung, aus denen meist nur eine gewählt werden muss.

So kam es, dass das zwölfjährige Mädchen Faye mit seiner Familie in einer nicht weiter beschriebenen Stadt wohnte, und sich mit ihrer Albinomaus Eilie auf den Weg machte, um die Magie zu suchen, die sie bei ihrer Familie irgendwie vermisste. Es gab viele Benimmregeln und zumindest ihre Mutter war sehr auf deren Einhaltung bedacht – obwohl sie keine böse Mutter war. Fayes Großvater und Vater hatten in dem Mädchen die Neugierde auf die Archäologie geweckt, deshalb wollte sie später, ganz „unmädchenhaft“, Archäologin werden. Diese ganzen Benimmregeln galt es im Spiel übrigens infragezustellen und in ganz eigene Ansichten umzumünzen. Mädchen müssen nicht immer mädchenhaft oder eher devot sein und sich auch die Kleidung mal schmutzig machen dürfen.

Faye geriet dann – wie sollte es anders sein? – in ein Kaninchenloch, weil ihre Maus darin verschwand und Faye sie retten wollte.

Auf ins Abenteuerland

In dem neuen, wundersamen Land angekommen, traf Faye dann, nach und nach, wunderliche und treue Begleiterinnen und Begleiter: Eine Art Fee mit Schmetterlingsflügeln, einen verlorenen Jungen, einen Martinslöwen und ein humanoides Kristallwesen. Letzteres spielte ich, wenn ich nicht gerade an der Reihe war, Faye darzustellen.

Die begleitenden Wesen hatten alle ihre eigene Historie und Impulse, die das Spiel sehr abwechslungsreich machten. Mein Kristallwesen mit dem Namen Prisma hatte damit zu kämpfen, dass es sich irgendwie im Grenzbereich zwischen Geschöpfen und Dingen befand und deshalb auch nicht wirklich wusste, was „Menschlichkeit“ (oder das Äquivalent für Kristallwesen) bedeutete. Die Spielzüge waren entsprechend auf diesen Hintergrund und die Fähigkeiten von Prisma abgestimmt. So konnte es viel Schaden einstecken und sich auch, wie eine Statue, ganz, ganz ruhig hinstellen, um sich zu verstecken. Ansonsten sollte Prisma eher ein bisschen naiv dargestellt werden und der Führung der Hauptfigur Faye folgen.

Es stellte sich später heraus, dass die Maus Eilie von Häschern des Katzenkönigs verschleppt worden war und gerettet werden musste. Es ging an seltsamen Wäldern vorbei in die Höhle der tausend Gefahren (durchgestrichen und durch „Abenteuer“ ersetzt), in der es seltsame, blauleuchtende (halluzinogene!) Pilze und ein riesiges Schwein namens Schlorie gab. In der Nähe befand sich der Feurige Wasserfall (den wir nicht besuchten), und wir verfolgten auch noch zwei von Wieseln angetriebene Raketenautos zum Schloss des Katzenkönigs.

Dort verkleideten wir uns als verkleidete Katzen, die auf einen Maskenball gehen sollten, wurden eingesperrt, wieder befreit, wieder eingesperrt – und konnten schließlich durch Glück und einen wiederauferstandenen Martinslöwen (der wohl ein bisschen Phönix in sich hatte) entkommen. Die Kröte Brokdinak, die Faye zu Beginn des Spiels einmal kurz kennengelernt hatte, wurde gleich mit befreit und konnte in ihre Wohnung zurück, wo ihre riesige Teetasse immer noch vor sich hin dampfte. Eike benannte sie dann auch passend in die ewig dampfende Teetasse des Brokdinak, was ich sehr süß und auch irgendwie episch fand.

Überhaupt war das gesamte Spiel von sehr schönen Details durchsetzt, zu denen alle gemeinsam beitrugen. Es sei hier noch der verlorene Junge erwähnt, der sich „Der Captain“ nannte und in einer brenzligen Situation genialen Unsinn verzapfte, um im Schloss des Katzenkönigs eine Ablenkung zu schaffen. Oder habt ihr schonmal davon gehört, dass jemand aus dem Militär unehrenhaft entlassen wurde, weil er oder sie zu tapfer war? Hihi.

Faye verabschiedete sich letztlich von ihren neuen Freunden und gelangte durch den Kamin in Brokdinaks Wohnung mit ihrer Maus Eilie wieder nach Hause. Hach.

Die Regeln

Ich fand die Prämisse mit der geteilten Hauptfigur sehr schön, wenngleich ich zu Beginn etwas Sorge hatte, die ganzen Spielzüge und Details im Kopf zu behalten. Zusätzlich hatte ich ja auch noch meine Figur Prisma, sodass theoretisch insgesamt neun Spielzüge zur Anwendung gebracht werden konnten. Ich machte mir allerdings ein paar Notizen und kam immer mehr ins Spiel rein. Durch die Benimmregeln, die gebrochen werden konnten, gab es weitere Elemente im Auge zu behalten. Wie ich schon beim Gespräch nach Abschluss des Spieles sagte, waren die Regeln für mich in Ordnung, sie haben das Spiel in die richtige Richtung gelenkt.

Fazit

Würde ich Girl Underground nochmal spielen? Auf jeden Fall. Das Setting ist zuckersüß und märchenhaft, es aktivierte in allen kindliche Aspekte wie Neugier und Aufgeschlossenheit, was ich toll fand. Ich werde diese Spielrunde lange in meinem Herzen behalten.

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