Spielbericht: English Eerie – „Das Biest im Moor“
Thorsten beschreibt seine Erfahrungen mit dem gruseligen Solo-Schreibrollenspiel von Scott Malthouse (Quill).
3.993 Wörter, ungefähre Lesedauer 19 Min.
Inhalt
English Eerie – „Das Biest im Moor“
Von Thorsten
Eigentlich …
… bin ich gar kein so großer Fan von Solospielen. Sie sind, per definitionem, nicht gesellig und fühlen sich für mich oft eher nach einer „Strafarbeit“ an. Wenn mich jedoch ein Thema interessiert und die Regeln dann auch noch recht einfach sind, packt es manchmal auch mich. Wie beim 2017 erschienenen English Eerie von Scott Malthouse von Trollish Delver Games. Falls ihr etwas mehr über Scott wissen möchtet, wir hatten in Ausgabe 002 ein Interview mit ihm.
Worum geht es im Spiel?
English Eerie (zu Deutsch etwa Das unheimliche England) ist ein Solospiel in Form von Tagebucheinträgen. Mit handelsüblichen Spielkarten und beigefügten Szenarien gibt es Spielerinnen und Spielern die Werkzeuge an die Hand, ihre eigene Gruselgeschichte vor dem Hintergrund des ländlichen Englands niederzuschreiben.
Scott beschreibt England in seiner Einleitung zum Spiel zwar als wunderschöne, jedoch auch als verfluchte Landschaft. Inspiration nimmt er aus der Literatur von Autoren wie M.R. James, Arthur Machen und Algernon Blackwood, die sich des Themas schon vor langen Zeiten angenommen haben.
Die Regeln
Ich gebe hier lediglich einen Überblick, bei Interesse könnt ihr das Spiel mit einem Bezahl-was-du-willst-Preis erwerben, auch kostenlos, und selbst genauer reinschauen.
English Eerie wird in Szenen gespielt, jeweils zwei pro Tag. Bestimmte Karten eines normalen Kartenspiels werden zusammengemischt und pro Szene eine der Karten gezogen und interpretiert. Drei der Damen, die einzigen Karten mit Bildern im Spiel, stellen besondere Ereignisse dar, die das Spiel vorantreiben und die Lage für die Hauptfigur immer schwieriger gestalten. Sobald die dritte „Graue Dame“, die letzte Karte im Stapel, gezogen wird, wird das Ende des Spiels eingeleitet. Die Farben der Karten stehen für bestimmte Arten von Ereignissen: Herz beispielsweise dafür, dass eine Nebenfigur verletzt wird oder Karo dafür, dass die Umgebung die Hauptfigur behindert.
Die Hauptfigur wird durch die mit Zahlen versehenen Attribute Entschlossenheit und Tatkraft (im Original Resolve und Spirit) repräsentiert. Entschlossenheit kann auf Wunsch helfen, Hindernisse zu überwinden, indem Punkte ausgegeben und zu einem W10-Wurf hinzuaddiert werden. Das Endergebnis des (modifizierten) Wurfes muss gleich oder höher der Zahl auf der jeweiligen aktuellen Karte liegen, damit das Hindernis überwunden wird. Bei einem Misserfolg reduziert sich Tatkraft um einen Punkt. Liegt der Punktewert am Ende des Szenarios bei 1 oder höher, ging die Geschichte gut für die Hauptfigur aus. Bei einem Wert von 0, niedriger geht es nicht, hält die Geschichte keinen guten Ausgang bereit …
Spielbericht
William Peabody, die Hauptfigur
William Peabody ist ein Bibliothekar mittleren Alters aus London und ein alter Freund von Lord Cunningham aus Derbyshire. Peabody hat Cunningham schon so manches okkulte Buch verkauft, glaubt selbst aber eigentlich nicht an Übernatürliches.
Das Szenario „Das Biest im Moor“
Es ist das Jahr 1907 und William Peabody hat sich aufgemacht, um seinem alten Freund während einer schweren Zeit beizustehen.
Entschlossenheit: 5, Tatkraft: 5
23.10.1907
Herz 5: Eine Nebenfigur wird verletzt.
Pik 7: Du entdeckst einen kleinen Hinweis
24.10.1907
Karo 7: Die Umgebung behindert dich – W10: 4, Misserfolg
Pik 4: Du entdeckst einen kleinen Hinweis
Ich war zwiegespalten. Einerseits war mir etwas mulmig zumute, andererseits war meine Neugierde geweckt, die befriedigt werden wollte. Auf dem Weg die Treppe hinab entschloss ich mich, meiner Neugierde nachzugeben und schlich leise durch die Vordertür aus dem Haus. Vorsichtig und langsam umrundete ich das doch formidable Gebäude und erreichte wohlbehalten dessen Rückseite. Als ich mich in Richtung des Moores vortastete, machte ich alsbald eine grausige Entdeckung: Halb im Nebel verborgen, sah ich einen großen, blutüberströmten Körper im feuchten Gras liegen. Für einen Menschen war die Gestalt viel zu groß und als ich näher heranging, erkannte ich, dass ich ein bestialisch zugerichtetes totes Pferd vor mir hatte. Es war ein schrecklicher Anblick, die gesamte linke Körperhälfte des armen Tieres war der Länge nach aufgerissen worden und eine umfangreiche Blutlache hatte sich auf dem Boden gebildet.
Ich berichtete Lord Cunningham von meiner Entdeckung, die ihn sehr schockierte. Etwas später zog ich mich für die Nacht zurück.
25.10.1907
Karo 5: Die Umgebung behindert dich – W10: 5, Erfolg
Herz 4: Eine Nebenfigur wird verletzt
Verstört kehrte ich zum Herrenhaus zurück, wo ich gemeinsam mit Lord Cunningham das Frühstück einnahm. Es wurde, wie die Tage zuvor, vom Butler des Hauses serviert, einem gewissen Mister Douglas. Er hatte für einen Butler eine ungewöhnlich muskulöse Statur und ginge vermutlich aus den meisten Faustkämpfen als Sieger hervor. Ich erhielt während des Frühstücks den Eindruck, dass Mister Douglas nicht gerade sehr motiviert wirkte, ganz im Gegenteil. Er schien nur die Dinge zu erledigen, die absolut notwendig waren – und nicht mehr. Ein seltsamer Bursche.
Lord Cunningham schien dies alles nicht zu betreffen, er führte sich das Porridge, fast schon mechanisch, mit einem silbernen Löffel zu. Gegen Ende der Mahlzeit, die in Stille vonstattenging, ertönte plötzlich ein Schrei aus dem hinteren Teil des Hauses! Ich sprang auf und stürmte zur Tür. Als ich den dunklen Flur betrat, vernahm ich einen weiteren Schrei und wandte mich nach links, in Richtung der Küche. Dort präsentierte sich mir ein schrecklicher Anblick: Das Dienstmädchen, das ich an meinem ersten Tag vor Ort bereits kurz kennengelernt hatte, lag auf dem Boden vor dem großen Küchentisch, ihre Dienstkleidung war an der rechten Hüfte dunkel gefärbt und in Teilen zerrissen. Ich lief auf die bedauernswerte Person zu, als ich aus dem Augenwinkel einer Bewegung gewahr wurde. Ich glaubte einen riesenhaften Schemen in Richtung Moor springen zu sehen! Da ich mich jedoch um die verletzte junge Frau kümmern musste, schob ich meine erschrockenen Gedanken beiseite.
Ich untersuchte das Dienstmädchen auf laienhafte Weise, war mir jedoch relativ sicher, dass sie nicht schwer verletzt war. Ich konnte die Wunde nicht eindeutig zuordnen, eines war für mich allerdings sicher: eine Schnittwunde war es nicht, die Wundränder sahen eher ausgefranst aus …
Inzwischen hatte sich der Butler des Hauses auch in der Küche eingefunden und zeigte sich plötzlich sehr motiviert und mitfühlend. Die junge Frau, ihr Name war Miss Enfield, wie ich erfuhr, schien ihm weitaus mehr am Herzen zu liegen als sein Dienstgeber. Wir versorgten gemeinsam ihre Wunde und ich informierte Lord Cunningham über die Geschehnisse. Erneut zeigte er sich sehr besorgt und begann vor sich hin zu murmeln. Die Angelegenheit beschäftigte ihn gedanklich so sehr, dass kein weiteres Gespräch möglich war. Daraufhin zog ich mich für die Nacht zurück.
26.10.1907
Kreuz 4: Eine Nebenfigur behindert – W10: 7, Erfolg
Herz Dame: Du wirst Zeuge, wie sich die feurigen Augen einer Kreatur im Dunkel durch das Moor bewegen – Schwierigkeit ab jetzt +1
Ich verbrachte den Rest des Tages mit Lord Cunningham in seinem Kaminzimmer, wo ich mehr über die Geschehnisse zu erfahren hoffte. Mir wurde jedoch erneut schnell klar, dass der Geist meines alten Freundes stark angegriffen war und der Lord teilweise Anzeichen von Delir zeigte. Er stammelte so manches Mal bizarren Unsinn, den ich nicht glauben konnte. Am späten Abend wünschte ich dem Lord gute Nacht und versicherte mich, dass Mrs Bristle über ihren Dienstherren wachen würde. Zu verwirrt schien er mir, als das ich mir keine Sorgen machte.
Ich zog in meinem Zimmer gerade die schweren Vorhänge zu, als ich im nebelverhangenen Dunkel beim Moor etwas zu sehen glaubte, was mir den Atem stocken ließ! Für einen Moment glaubte ich zwei dunkel-orange glühende Augen zu sehen, die sich am Rande des Moores bewegten … Im nächsten Moment war die Erscheinung auch schon wieder verschwunden und ich blinzelte einige Male verwirrt. Wie sehr ich den Nebel hinter dem Haus auch mit Blicken absuchte, ich konnte nichts Außergewöhnliches mehr erkennen. Aus hoffentlich nachvollziehbaren Gründen wagte ich mich nicht nachts ins Moor … Von sorgenvollen Gedanken geplagt, versuchte ich zur Ruhe zu kommen, was mir in dieser Nacht für eine lange Zeit nicht gelang.
27.10.1907
Herz 6: Eine Nebenfigur wird verletzt
Karo 4: Die Umgebung behindert – W10: Misserfolg
Wir hofften alle inständig, dass der Doktor schnell beigebracht werden konnte. Miss Enfield wich nicht von der Seite des Butlers und dadurch wurde auch mir schließlich klar, dass es sich bei den beiden um ein Liebespaar handeln musste. Nach kurzer Zeit erschien Mrs Bristle wieder in der Küche und machte einen äußerst verzweifelten Eindruck. Sie teilte uns mit, dass sie den Weg außerhalb des Anwesens nicht finden konnte! Es war plötzlich so dichter Nebel aufgekommen, dass sie keinen Meter weit hatte blicken können. Ich schaute aus dem Küchenfenster und konnte Mrs Bristles Aussage bestätigen: Eine dunkelgraue Decke aus Nebel hatte sich über die Landschaft gelegt.
Wir stabilisierten Mister Douglas also so gut es uns möglich war und begaben uns zu Bett. Niemand von uns schlief ruhig oder ausgiebig.
28.10.1907
Herz 7: Eine Nebenfigur wird verletzt
Am nächsten Morgen machte sich Mrs Bristle trotz des Nebels erneut auf den Weg zum Doktor. Sie war sichtlich mitgenommen, fasste sich jedoch ein Herz. Ich versuchte sie davon abzubringen und und bot an, mich an der Aufgabe zu versuchen – doch davon wollte sie nichts hören. Ihrer Ansicht nach sollte ich im Herrenhaus verbleiben, um die Bewohner im Notfalle zu verteidigen. Dazu machte sie mir ein Gewehr und Munition zugänglich und riet mir, mich auch mit einer Stichwaffe auszurüsten.
Mrs Bristle verließ also das Grundstück, ich folgte dem leicht schwankenden Leuchten ihrer Laterne noch kurze Zeit mit meinem Blick. Kaum wollte ich mich umwenden, um mich zu Lord Cunningham zu begeben, als das Leuchten der Laterne viel zu abrupt verschwand! Ob ich fast im gleichen Moment auch einen großen, dunklen Schatten im Nebel gesehen hatte, vermag ich nicht mehr mit Sicherheit zu sagen. Ich ahnte Schreckliches und lief, trotz der imminenten Gefahr, in Richtung der Stelle, wo ich Mrs Bristle vermutete. Am ungefähren Ort angekommen, machte ich eine weitere schlimme Entdeckung: Ich fand die Frau am Boden liegend vor, sie rührte sich nicht. Ihre Laterne lag zermalmt neben ihr auf dem nassen Boden. Während einer flüchtigen Untersuchung fand ich an ihrem Bein Kratzspuren, die drei dünne Rinnsale ihre linke Wade hatten hinunterlaufen lassen. Die Verletzung schien nicht sehr gefährlich zu sein, deshalb verband ich sie notdürftig mit einem Taschentuch und versuchte erneut, Mrs Bristle zu einem Lebenszeichen zu bewegen. Sie atmete, war jedoch anscheinend einer tiefen Bewusstlosigkeit anheimgefallen. Kurzentschlossen hob ich sie hoch und trug sie mit einiger Mühe zur Küche des Herrenhauses zurück, die sich mit immer mehr Verletzten füllte …
Kreuz 6: Eine Nebenfigur behindert – W10: 10, Erfolg
Ich fand zu meiner Überraschung auch Lord Cunningham dort vor. Er stand über Mister Douglas gebeugt und Geifer sprühte aus seinem Mund, während er den verletzten Butler anschrie. Miss Enfield versuchte sich schützend vor ihren Liebsten zu stellen, hatte dem Lord allerdings kaum etwas entgegenzubringen. Ich konnte nicht jedes der geschrienen Worte verstehen, der eine oder andere Begriff war jedoch zu vernehmen: „Unheil“, „das Böse“ und „verflucht“. In der Hand des Hausherren blitzte plötzlich eine lange Klinge auf, die er in einer halbkreisförmigen Bewegung über den Kopf hob – er wollte den Butler endgültig zu Tode bringen! Ein Schrei entwich meiner Kehle, als ich auf den nun offensichtlich wahnsinnigen Mann losstürmte und ihn mit Wucht zu Boden warf. Ich entwand ihm das Messer und tat das Einzige, was mir in diesem Moment größter Not in den Sinn kam: Ich schlug den Lord mit meiner Faust bewusstlos.
Danach brachte ich ihn in sein Schlafzimmer und legte ihn auf sein Bett. Da ich sichergehen wollte, dass er nicht erneut versuchen würde, jemanden umzubringen, riss ich die Kordeln der schweren Fenstervorhänge herunter und fesselte den Lord an die dicken Bettpfosten. Mrs Bristle war überraschend dazugekommen und bot sich an, die Nachtwache bei ihrem Dienstherren zu übernehmen. Trotz der Geschehnisse und ihrer Verletzungen verhielt sich sich bewundernswert loyal. Ich begab mich noch kurz in die Küche, um nach Miss Enfield und Mister Douglas zu schauen, die versorgt schienen. Mehr konnte niemand von uns tun, der unnatürliche Nebel hielt uns weiterhin gefangen.
29.10.1907
Pik Dame: Lord Cunningham ist nirgends zu finden. Man sagt, dass er in den Wald gelaufen sei – Schwierigkeit ab jetzt +2
Pik 5: Du entdeckst einen kleinen Hinweis
30.10.1907
Karo 6: Die Umgebung behindert – W10: 1, Misserfolg
Erschöpft und völlig übermüdet entschloss ich mich heute Morgen doch zum Aufbruch. Mrs Bristle sollte sich um die restlichen Angestellten kümmern und ich würde mich auf den Weg in den Nebel machen, um die Leiche des Lords zu bergen – am Leben würde er zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht mehr sein. Selbsthass und Gewissensbisse nagten an mir, weil ich am Vortag nicht sofort den nötigen Mut aufgebracht hatte. Ich rüstete mich also mit Laterne, Gewehr und Munition aus und verließ das Haus in Richtung Moor.
Mit verbissener, wenngleich auch schwankender, Entschlossenheit aufgebrochen, musste ich schon nach kurzer Zeit feststellen, dass ich mich im Nebel verlaufen hatte. Mit wachsender Unruhe und vorausgehaltener Laterne versuchte ich, meinen Weg zu finden, und damit hoffentlich auch den Lord.
Kreuz 5: Eine Nebenfigur behindert – W10: 8, Erfolg
31.10.1907
Pik 6: Du entdeckst einen kleinen Hinweis
Kreuz 7: Eine Nebenfigur behindert – W10: 5, Misserfolg
Als ich wieder zu mir kam, fühlte ich mich wie erschlagen und kraftlos. Ich richtete mich auf und und vernahm einige gemurmelte Worte: „Soll Peabody das Biest für eine Weile befriedigen, dann wird es uns in Ruhe lassen! Vielleicht für immer, hahahahah!“ Der Lord wollte mich der unheimlichen Kreatur im Moor opfern! Ich wollte dem Freundesverräter hinterhereilen, meine Kraftlosigkeit hinderte mich jedoch daran.
Ich war allein im Moor.
Endstand der Attribute: Entschlossenheit: 5, Tatkraft: 1
Kreuz Dame: Ein schwarzes Biest mit großen, unheimlichen Augen tritt dir im Moor gegenüber
Ich versuchte mich nach einer Weile erneut aufzuraffen, es gelang mir jedoch nicht. So lag ich hilflos auf dem feuchten Boden und sammelte meine Kräfte, um hoffentlich doch irgendwann aus diesem verfluchten Moor zu entkommen. Ich malte mir bereits mein düsteres und gewaltsames Ende aus, als ich in einiger Entfernung etwas gewahr wurde. Ich sah die Kreatur zunächst weniger, als dass ich sie spürte. Jeder ihrer kraftvollen Schritte ließ den Boden leicht vibrieren – das Biest musste wahrlich monströs sein! Immer näher kamen die Erschütterungen und ich glaubte bald auch ihre kohlenartig leuchtenden Augen sehen zu können. Todesangst und Panik ergriffen von mir Besitz und ich begann zu schreien. Plötzlich wandte sich das Biest jedoch um, als hätte es etwas gehört. Mit gewaltigen Sprüngen verschwand es im Nebel und mein Schreien verstummte. Kurze Zeit später hörte ich allerdings das Schreien einer anderen Person, es war der Lord. Das Schreien endete gleich darauf abrupt und ich nahm meine letzten Kräfte zusammen, um so schnell wie möglich von der Stätte des Grauens davonzukriechen.
Kaum hatte ich wenige Meter in eine wahllose Richtung hinter mich gebracht, bemerkte ich, dass der Nebel sich zu lichten begann … Nach einer gefühlten Ewigkeit fand ich den Weg zurück zum Herrenhaus und schleppte mich zur Hintertür, wo ich bewusstlos zusammenbrach.
Das Biest aus dem Moor hatte sich den Lord geholt.
Fazit
Mir hat das Spiel richtig viel Spaß gemacht. Durch das im Jahr 1907 angesiedelte Szenario konnte ich meinen teils etwas antiquierten Schreibstil pflegen und hatte genügend Impulse durch das Spiel, um kreativ zu werden. Ich war einige Stunden lang angenehm beschäftigt, in denen ich bei gruseliger Musik das Schicksal meiner Hauptfigur handschriftlich niederlegte.
Mich fasziniert bei Gruselspielen immer wieder der Aspekt der Isolation. Die Figuren sind von der Umwelt abgeschnitten und sehen sich schlimmer Opposition gegenüber – und wenn es ihre eigenen Abgründe sind. Im gespielten Szenario geht es auch um Isolation, der Handlungsort ist ein altes Herrenhaus in der Nähe eines Moors, die Figuren werden vom plötzlich auftretenden Nebel gefangen gehalten. Eine perfekte Kulisse für mich.
Die Regeln erlauben es ja, Entschlossenheit aufzuwenden, um den Erfolg einer Handlung wahrscheinlicher zu machen. Das habe ich absichtlich nicht getan. Ich spiele ganz gern entsprechende Spiele, um zu verlieren, und wollte es auch ein bisschen herausfordern. Dass am Ende noch Tatkraft übrig blieb und die Hauptfigur deshalb mit leidlich heiler Haut davonkommen konnte, war dann eben so. Das hat mir den Spielspaß aber in keinster Weise getrübt.
English Eerie erinnerte mich ein wenig an Quill beziehungsweise dessen Genreband Schatten und Tinte. Das ist insofern logisch, als dass Scott Malthouse selbstEnglish Eerie als eine Art Nachfolger bezeichnet. Die Regeln sind definitiv leichter und es freut mich, dass es eine SL-lose „Lagerfeuervariante“ gibt, die das Spielen mit mehreren Leuten ermöglicht: Jede teilnehmende Person zieht eine Karte und erzählt entsprechend eine Szene lang, was in der Geschichte passiert. Dadurch bekommt English Eerie den Flair von Spielen wie Geh nicht in den Winterwald, was ich mir gut vorstellen kann – sowohl offline als auch online.
Wer Interesse an Solotagebuchspielen und dunkler Phantastik hat, sollte sich English Eerie ruhig mal anschauen. Da Scott Malthouse die PDF-Versionen seiner Spiele meist mit Bezahl-was-du-willst-Preisen versieht, gibt es kein Risiko – aber doch die Möglichkeit, dem Autor einen Betrag zukommen zu lassen, wenn das Spiel gefällt.
Bildnachweis & Mitwirkende
Fotos von Unsplash, ausgewählt von Thorsten Panknin, bearbeitet von Tina Trillitzsch und Thorsten Panknin. Korrektorat Tina Trillitzsch.